Progrediente Sehnerv-Schädigung

  • Ich bin jetzt 57 J., seit fast 15 Jahren ist mein Offenwinkel-Glaukom bekannt, wird therapiert (Tropfen) und kontrolliert. In den letzten 4 Jahren sind fortschreitende Ausfälle im Gesichtsfeld bei entsprechender Schädigung der Sehnerven konstatiert, besonders stark links. Eine eingehende stationäre Untersuchung in einer Augenklinik vor 3 Jahren blieb ohne Befund. Vor wenigen Wochen wurde anhand einer 24h-Blutdruckmessung nun festgestellt, daß ich "systemischer Hypotoniker" bin, d.h. unter starken Blutdruckabsenkungen nachts leide, die unzureichende Versorgung der Augen-Blutgefäße und entsprechende Schädigungen verursachen. Als einzige Therapie wird die Einnahme von Fludrokortison als Ergebnis einer Studie an der Uni Basel erwähnt.
    Frage: Sind Behandlungen bzw. Erfahrungen hiermit bekannt?
    Sind spezialisierte Ärzte bekannt?

    Egbert Willam

  • Sehr geehrter Herrr Willam!

    Das Problem der progrdienten Sehnervschädigung bei niedrigen Blutdruck ist das schwierigst zu behandelnde in der Therapie des Glaukoms. Ich habe keine persönlichr ERfahrung mit Fludrokortison, deshalb empfehle ich, daß Sie sich direkt mit der Augenklinik in Basel in Verbindung setzen, um mehr zu erfahren. Frau Kipp hat in ihrer Antwort auch auf Calziumantagonisten verwiesen, die Diskussion darüber ist auch schon lange im Gang, ohne daß sich ein wirksames Therapieschema entwickelt hätte.
    Meines Erachtens ist es in so gearteten Fällen von ganz großer Bedeutung, die Durchblutungssituation des Kopfes so genau zu analysieren wie möglich, um auf diese Weise mehr über den Blutfluss im Kopf herauszubekommen. Vielleicht kommt man auf diese Art und Weise zu einem pathophysiologisch wirksamen Therapiekonzept, denn das Prblem in dieser Art des Glaukoms ist die mangelhafte Durchblutungssituation des Sehnerven.
    Spezialisierte Ärzte finden Sie in den Glaukomforschungszentren, zuvörderst denke ich an Prof. Pillunat in Dresden.

    Mit besten Grüßen Ihr
    H. Bernsmeier

  • Ich bedanke mich sehr herzlich - auch eine Vertiefung/Bestätigung der Diagnose ist sehr hilfreich. In wenigen Tgen habe ich einen Termin bei Prof. Pillunat bekommen, ich bin sehr gespannt auf seine Einschätzung!
    Gruß, Egbert Willam.

    Egbert Willam

  • Sehr geehrter Dr. Bernsmeier,
    inzwischen war ich stationär für eine knappe Woche in der Uni-Augenklinik Dresden bei Prof. Pillunat zu eingehenden Untersuchungen. Wie im Vorfeld schon zu erwarten, hat sich eine Kombination mehrer negativer Aspekte als ursächlich für mein desolates Gesichtsfeld ergeben, obwohl alle Kammerdruckmessungen in den letzten Jahren Werte um 12-14 ergeben hatten: schlechte mikrovaskuläre Ausgangslage im Augenbereich, "trog"artige Absenkungen der diastolischen Blutdruckwerte nachts mit Minima um 50, offensichtlich arterielle Vasospasmen okulär. Therapie: abends 4 Salztabletten (nächtlicher Blutdruck) + Calciumantagonist (Nimodipin) gegen mögliche Vasospasmen. In 3 Monaten wollen wir prüfen ob die Progredienz gestoppt ist. Auch wenn ich damit endlich Hoffnung auf zumindest einstweilige Erhaltung der verbliebenen Sehkraft haben darf, bleibt für mich die bestürzende Frage, wie viele der praktizierenden deutschen Augenärzte (wie mein eigener seit 15 Jahren!) noch zu so einer Diagnose nicht fähig sind??? Laut Prof. Pillunat sind (in Deutschland) ca. 30% aller "glaukomatösen" Sehnervschäden (bei Normaldruck!) letztlich auf eine Kombination oben erwähnter Fakoren zurückzuführen...
    Egbert Willam, Köln

    Egbert Willam

  • Sehr geehrter Herrr Willam,

    ich freue mich für Sie, daß in der Dresdner Klinik ein Therapieschema gefunden wurde, ich wünsche Ihnen, daß es gut hilft. Ein Niederdruckglaukom ist immer noch ein Glaukom, weil es die typischen Gesichtsfeldausfälle produziert. Eine reine Minderdurchblutung ist anders im Verlauf der Gesichtsfeldschäden. Ein Glaukom ist in so fern eine Minderdurchblutung mit relativ zu hohem Augendruck. Deshalb hat Ihr Augenarzt mit einer Drucksenkung auf 12 bis 14 mm Hg Ihnen sehr geholfen. Neuere Untersuchungen der ERlanger Anatomin Prof. Lüttjen-Drecoll zeigen bei Pat. mit Offenwinkelglaukom eine verminderte Kapllargefäßdichte im Sehnervkopf, also auch eine anatomische Schwachstelle für die Durchblutung, Sonst müßten auch alle Menschen mit niedrigem Blutdruck ein Niederdruckglaukom haben. Sie sehen, das Problem wird mit zunehmender Kenntnis nicht kleiner, sondern eher immer komplizierter.

    Mit den besten Grüßen Ihr

    H. Bernsmeier

  • Hallo Egbert,

    seit Deiner letzten Meldung sind mehr als 6 Monate vergangen, so dass es wohl schon Eindrücke gibt,ob die eingeschlagene Therapie (hoffentlich günstige!) Ergebnisse gezeitigt hat.
    Wurde in Dresden auch die Frage der eventuell gefäßschützenden Wirkung hoher Magnesiumgaben erörtert?

    Beste Wünsche und
    freundliche Grüße
    Helmut (Weinwanderer)

    errare humanum est