Hallo,
ihr habt es ja im Forum gelesen, ich leide wie alle hier an einem schweren Glaukom. Dafür bekam ich nach viel Schriftverkehr und einigen (vielfach sinnlosen) Gutachten einen GdB von 60. Aufgrund der Erkrankung verlor ich meine Arbeit. Ich wurde (weil noch andere Sachen sich einstellten) irgendwann ausgesteuert. Es schloß sich etwa über ein Jahr Arbeitslosigkeit an. Doch auch damit ist mal Schluß, theoretisch kommt dann nur noch Harz 4. Da ich zum Glück verheiratet bin, konnte ich zur Krankenkasse meiner Frau als familienversichertes Mitglied wechseln. In der Hinsicht brauchte ich mir also keine Sorgen zu machen. Ich beantragte also Harz 4 und das wurde abgelehnt, meine Frau (weil ja "Bedarfsgemeinschaft") verdiente 20 Euro zuviel im Monat. So lebte ich auf Kosten meiner Frau und nur mit ihrem Einkommen wenige Monate dahin.
In der Zeit schrieb ich wirklich viele Bewerbungen. Doch allein schon wegen der Sehbehinderung kamen die meisten Absagen. Die Schwerbehinderung versperrt den Weg zum Arbeitsmarkt. Ich hatte auch den Versuch unternommen mich weiterzubilden (zum Physiotherapeuten). Diese Umschulung scheiterte an der Gesundheit. Ich war (schwere Bindehautentzündung) mehr als 6 Wochen krank, mir wurde vom Arbeitsamt die Weiterbildung gekündigt (nach geltendem Gesetz sogar richtig so).
Nun war Endstation. Kein Geld, kein Job, null Aussicht auf Arbeit, null Einkommen. Drei Monate danach wurde bei mir Nierenkrebs der übelsten Sorte festgestellt. Große Operation, das ging zumindest gut. Ist nun 4 Monate her. Ich begann wieder mit Bewerbungen. Mein GdB ist inzwischen bei 100, leider reicht sowas nicht für ein Kennzeichen. Also bleibts bei null Einkommen, keinerlei Vergünstigungen (ja, Steuerfreibetrag, aber was solls wenn man keine Steuern zahlen muß?).
Endlich hatte ich eine Chance. Ich fand einen Arbeitgeber, der mich für 20 Stunden die Woche einstellen würde (aufgrund der Krebserkrankung geht derzeit nicht mehr). Gerne würde dieser Arbeitgeber mich in Vollzeit nehmen, ich passe ideal zu der Aufgabe. Und mir passt die Aufgabe, irgendwie wirklich der richtige Job für mich. Also bin ich zum Arbeitsamt, wenn man über 50 ist und schwerbehindert, dann gibts ja gute Förderungen. Enttäuscht mußte ich feststellen, das mich das Amt vor 8 Monaten aus der Statistik genommen hat, mich bei sich nicht mehr als arbeitslos führt. Ich existiere dort nicht mehr! Natürlich wurde ich nicht informiert darüber, das ist sogar aktenkundig. Also meldete ich mich arbeitssuchend, was nach sehr energischem Gespräch mit den leider von der Problematik völlig überforderten Mitarbeitern auch so gemacht wurde. Man kann sich dem Gesetz nach nicht arbeitslos melden, wenn man keine Arbeit hat, eben nur arbeitssuchend.
Der Betrieb stellte einen Förderantrag. Dieser wurde abgelehnt! Ich wäre zwar förderwürdig, doch ich bin ja nicht arbeitslos, sondern nur arbeitssuchend. Und das auch noch ohne Leistungsbezug vom Amt und, was noch schlimmer ist, nur seit sehr kurzer Zeit. Keine Förderung, keine Arbeit für mich. Den Betrieb kann ich schon verstehen. Dabei hätte ich von Anfang an entweder einen 5-Jahres-Vertrag oder sogar die unbefristete Einstellung bekommen! Nochmals, der Förderantrag wurde abgelehnt, ich bekomme nun die Stelle nicht. Nicht weil der Betrieb nur Geld sparen will, sondern weil der Arbeitsplatz extra für mich mit ordentlich Geld eingerichtet werden soll. Nur aus Menschenliebe an sich passiert eine solche Investition natürlich nicht (ich rede hier von mind. 12000 Euro). Auch die alleinige Förderung des Einrichtens des Arbeitsplatzes wurde aus o.g. Gründen abgelehnt.
Jetzt bin ich offiziell tot. Bin schwerbehindert, kann sehr wenig sehen, habe ein Krebsleiden, hatte eine sehr schwere Operation. Ein Job, wie auch immer geartet, rückt nun in sehr weite Ferne. Eine Rente wurde abgelehnt, eine Teilrente ebenfalls. Ich sei nicht zu schwer benachteiligt durch die Krankheiten, auf dem Arbeitsmarkt gäbe es genug freie Stellen. Klage gegen diesen Bescheid läuft über meinen Anwalt, kann noch ein-, zwei Jahre dauern. Ausgang ungewiss.
Die Beschreibung oben ist eine sehr kurze und unvollständige Zusammenfassung der letzten 4 Jahre. Da ich ja nun offiziell nicht mehr in irgendeiner Statistik existiere, gibts mich nicht mehr. Hilfe vom Sozialstaat fällt weg für behinderte Menschen wie mich. Ich lebe von dem, was meine Frau verdient, praktisch auf Harz 4-Niveau. Mein Wille zur Arbeit ist da im Rahmen meiner Möglichkeiten. Das zählt alles aber nicht.
Ein extrem anstrengender Kampf mit den Behörden ist nun an der angeblich so tollen Gesetzeslage gescheitert. Behinderte werden ja (dem Gesetz nach) so gut gefördert und unterstützt! Das Gegenteil ist der Fall. Was nun weiter wird ist echt offen. Nur ganz sicher ist, ist man einmal aus dem System gefallen und blöderweise auch noch über 50 Jahre alt, so wars das!
LG Magugge