35 Jahre Glaukomkarriere – Ende gut, alles gut?

  • Liebe Glaukom-Forum-Freunde,

    da im Forum anfänglich verängstigte und von der Diagnose „Glaukom“ Überraschte Rat suchen und Rat bekommen, will ich meine Geschichte mit einem aus heutiger Sicht ruhigen Verlauf noch einmal zusammengefasst aufschreiben.

    Dabei will ich Mut machen, dass jede Diagnose „Glaukom“ individuell ist und bei sehr vielen bei entsprechender Behandlung keinen dramatischen Verlauf nehmen muss. Dafür stehe ich (zurzeit) als Beispiel.

    Dabei entschuldige ich mich schon im Voraus bei all denjenigen, die auf Grund ihrer Seherkrankung längere Geschichten nicht so sehr lieben – ich will mich bemühen, alles nur „portionsweise“ zu berichten.

  • Der Beginn

    Meine Augen machten mir nie Probleme – ich war also weder kurz- noch weitsichtig. Mit 35 Jahren ereilte mich aber relativ zeitig die Alterssichtigkeit. Als ich wegen einer Lesebrille zum Augenarzt ging (damals war das noch so), wurde die Ärztin ganz unruhig und fragte wegen vorhandener Beschwerden, z.B. Kopfschmerzen. Damit konnte ich aber nicht dienen.

    Sie maß auch gleich den Augendruck, der bei 18/18 lag. Sie erklärte mir, dass mein Augenhintergrund außerordentlich schlecht durchblutet sei und der Sehnerv eventuell geschädigt sei.

    Darauf schickte sie mich zu den verschiedensten Untersuchungen (Schädelröntgen, Dopplersonographie, Schilddrüse), um andere Erkrankungen auszuschließen. Unter anderem machte sie auch einen Trinktest. Ich musste in kurzer Zeit eine Menge trinken – dabei wurde wiederholt der Augendruck gemessen.

    Danach kam sie zu der Erkenntnis, dass dieser blasse Hintergrund entweder angeboren sei oder ich ein Normaldruck-Glaukom, eine damals kaum benannte/bekannte Glaukomart, hätte.

    Dafür sprachen auch meine ständig kalten Hände und Füße, das mangelnde Durstgefühl u.a.m.

    Regelmäßig wurde kontrolliert, nach 1990 auch mit kontinuierlichen Gesichtsfeldern. Tropfen musste ich nicht.

  • Tropfbeginn

    Da doch weiter schleichende Verschlechterungen am Sehnerv zu sehen waren und zum Normaldruck-Glaukom neue Erkenntnisse vorlagen, schickte mich meine Augenärztin im Jahre 2000 in die hiesige Augenklinik, die allerdings nicht auf Glaukom spezialisiert war.

    Dort wurden alle gängigen Untersuchungen durchgeführt mit dem Ergebnis, dass nun von einem Glaukom ausgegangen wurde und ich Cosopt verordnet bekam.

    Dies habe ich durch den enthaltenen Betablocker körperlich gar nicht vertragen, so dass auf Azopt (2xtäglich) umgeändert wurde. Damit bewegte sich mein AID bei den durchgeführten Messungen bei beiden Augen zwischen 12 und 14.

    2008 wurde im Ergebnis einer OCT auf Xalatan umgestellt.

  • Glaukomanfall

    Leider hatte ich mich aber weiter nicht mit dem „Problem Glaukom“ befasst, sondern voll und ganz meiner erfahrenen, engagierten und netten Augenärztin vertraut. Diese hatte aber scheinbar nie auf die Kammerwinkel geschaut.

    Im November 2009 hatte ich hohes Fieber und rechts eine Seitenstrang-Angina mit heftigsten Augenschmerzen und Schleiersehen, weswegen ich nichtsahnend den HNO-Arzt aufsuchte, der mich an den Augenarzt überwies und dieser in die Augenklinik.

    Nachdem der Druck (war 60 mmHg) am rechten Auge gesenkt war und auch die Pupille wieder etwas reagierte, wurde an beiden Augen eine Iridotomie gemacht. Als Entlassungsmedikation wurde r/l 3xtäglich Trusopt und Pilocarpin 1% zur Nacht angeordnet.

    Danach habe ich mich im Forum angemeldet und viel, viel Nützliches zum Glaukom (und auch Zwischenmenschliches) gelernt.

    Dies hatte ich auch bereits in meiner Vorstellungsrunde berichtet.

    Jetzt mache ich erst mal Pause und wünsche einen schönen Abend.=)

    Es grüßt Sibylle

  • So, nun geht es wieder ein Stück weiter!

    Augenarztwechsel

    Meine Augenärztin war über den Glaukomanfall außerordentlich bestürzt. Ihre Praxis war zwischenzeitlich von einer anderen AÄ mit starken wirtschaftlichen Interessen (Shop mit Nahrungsergänzungsmitteln, Auslastung Technik, Operationen) übernommen worden und sie arbeitete dort angestellt und nur noch stundenweise.

    Deshalb und da ich kurz vorher 25 km weit weggezogen war, wechselte ich 2010 zu der einzigen AÄ vor Ort. Dies war nur durch Vermittlung meiner Hausärztin möglich; ansonsten werden schon seit 10 Jahren keine neuen Patienten angenommen.

  • Medikamente

    Die neue AÄ veränderte die Medikation nach einem Monat auf 2xtäglich Azopt und Pilomann-Öl (2%) zur Nacht (Druck 16/16 bis 14/14).

    Dadurch fiel das mittägliche Tropfen fort.

    Ab 2013 wurde das Pilomann-Öl nicht mehr hergestellt. Die AÄ hatte mir schon mehrfach gesagt, dass ich das Öl nicht unbedingt brauchte, da die Iridotomien sehr schön offen wären und ich keinen Anfall befürchten müsste. Als das Öl ganz einfach alle war, wagte ich es – und es ging gut.

    Zwischenzeitlich stieg der Druck unter Azopt auf 18/18:

    Deshalb wurde 2014 auf Taflotan sine umgestellt und es wurden wieder Druckwerte von 12/12 erreicht, die ja eigentlich meine Zielwerte waren.

  • Verhaltensweisen

    . Tropfen

    Das vorschriftsmäßige Tropfen der verschiedenen Augentropfen war selbstverständlich.

    Dabei hatte ich natürlich den Vorteil, dass es sich immer auf ein, maximal 2 Präparate beschränkte und ich nur geringe Nebenwirkungen hatte.

    . Essen

    Ich ernähre mich (meistens) gesund mit viel Obst und Gemüse und gesunden Fetten. Leinöl steht sehr oft auf dem Speiseplan (glücklicherweise regionalbedingt üblich, mindestens 1 Teelöffel täglich). Neuerdings greife ich auch öfters zu Kokosfett. Kurkuma / Curry / Kreuzkümmel mag ich auch und verwende es viel.

    Bei dunkler Schokolade übertreibe ich aber. Mein großer Schwachpunkt ist, dass ich insgesamt zu viel Süßes esse.

    . Zusätzliche Vitamine/ Mineralstoffe u.ä.

    Ich nehme morgens Magnesium zusätzlich ein, dazu immer abwechselnd Vitamin D und Vitamin B6/B12

    . Trinken

    Leider schaffe ich die empfohlene Trinkmenge von 2,5 Liter/ Tag nicht, habe mich aber schon wesentlich gesteigert.

    . Blutdruck-Messungen

    Diese RR-Messungen werden einmal im Jahr zur Kontrolle durchgeführt. Mein Blutdruck tagsüber liegt im Normalbereich (120/75). Die Dipper nachts unter 50 (diastolisch) habe ich durch „Salzkonsum“ am Abend reduziert, aber nicht vollständig beseitigt. Seit November 2017 nehme ich leider wieder wegen meines hohen und unregelmäßigen Pulses einen Betablocker, der für die Durchblutung kontraindiziert ist und auch den Blutdruck etwas senkt.. Die nächste Langzeit-Blutdruck-Messung ist im März.

    . Sport

    In jüngeren Jahren war ich recht sportlich. Jetzt betreibe ich regelmäßig Walking und gehe einmal in der Woche zur Ganzkörpergymnastik und zu Pilates, manchmal auch zum Tischtennis. Eigentlich ganzjährig beschäftige ich mich im Garten.

    (Dazu ist es jetzt aber zu spät.)

    Es grüßt Sibylle

  • Entwicklung der Excavation

    (speziell c/d (RA/LA)):

    Hier habe ich die unterschiedlichsten Aussagen. Leider kannte ich diesen Begriff am Anfang nicht; ich habe also nicht gefragt und es wurde mir keine „Zahl“ genannt.

    2000: 0,5/ 0,5 als Einschätzung bei Krankenhausaufenthalt

    2008: 0,53/0,76 bei der 1.OCT (Gerät A)

    2009: 0,4/ 0,5 als Einschätzung nach Krankenhausaufenthalt wegen Glaukomanfall

    2012: 0,46/ 0,32 bei meiner einzigen HRT-Untersuchung

    2014: 0,70/0,68 bei der 2. OCT (Gerät B)

    2015: 0,78/ ? bei der 3. OCT (Gerät B, aber in Berlin - gründlich misslungen)

    2015: 0,8/0,8 als Einschätzung bei einem „Check“ mit Tagesdruckprofil im Elblandklinikum Radebeul

    2016: 0,74/0,70 bei der 4. OCT (Gerät C)

    2017: 0,75/0,70 bei der 5. OCT (Gerät C) – hier hoffe ich jetzt auf eine ordentliche Verlaufskontrolle

    Die Einschätzung meiner Augenärztin: beidseitig 0,7

    Wegen dieser doch teilweise widersprüchlichen Ergebnisse hatte ich viele schlaflose Nächte. Es ist eigentlich keine Ordnung zu erkennen!

    Deshalb kann ich allen nur raten, sich wegen einer aus der Rolle fallenden Messung sich nicht verrückt zu machen.

    Wichtig ist natürlich, dass die letzten Werte so bleiben bzw. sich nur ganz langsam verschlechtern.

    Ich hoffe, dass jetzt alles am gleichen Gerät fortgesetzt werden kann und auch der ab der 3. Messung mögliche exakte Vergleich stattfinden kann.

  • Visus

    Der Visus hat sich von beidseitig 120 % in den Jahren auf 80 % (mit Brille und teilweisem Raten) verschlechtert.

    Er war zwischenzeitlich rechts auf 0,6 und links auf 0,7; das hat sich nach der Katarakt-OP wieder gebessert.

    Gesichtsfeld

    Die regelmäßigen Gesichtsfeld-Untersuchungen (vierteljährlich, immer abwechselnd) zeigten (meist) keine Skotome.

    Auch das hat mich oftmals sehr beunruhigt.

    Ich habe aus meiner Sicht jedes Mal konzentriert gearbeitet. Die Ergebnisse waren und sind trotzdem recht unterschiedlich und für mich nicht nachvollziehbar. Das macht mir weiterhin Sorgen.

  • Katarakt-OP

    2016 wurde an beiden Augen der „Graue Star“ operiert. Die Sehverschlechterung wäre vielleicht noch ein, zwei Jahre auszuhalten gewesen, aber unter der Befindlichkeit „Dicke Linsen und enger Kammerwinkel“ wurde dazu angeraten.

    vorherige Dioptrien:

    1982: Ferne 0/0 Nähe 1,0/1,0, dann kontinuierliche Steigerung auf

    1997: Ferne 0/0 Nähe 2.25/2,25

    2001: Ferne 1,75/1,5 Nähe 3,75/3,50 in Schritten auf

    2011: Ferne 2,75/2,50 Nähe 5,00/4,75

    2015: Ferne 2,5/2,5 Nähe 5,50/6,00

    Die Linsen wurden so gewählt, dass ich (theoretisch) für die Ferne keine Brille mehr benötigte, sondern nur für die Nähe. Eine Multifokal-Linse wurde, bedingt durch das Glaukom, vorher ausgeschlossen.

    Und nun kommt das TOLLE: Seitdem brauche ich nicht mehr zu tropfen!

  • Hallo Sibylle,

    Die Schilderung ist gut zusammengestellt.

    Die Umstände bei dir sind sehr glücklich, die durch Katarakt verdickte Linse bei gleichzeitigem engem Kammerwinkel ist ersetzt durch eine dünne Kunstlinse, was die aktuelle Tropffreiheit erklärt.

    Mir erklärt sich nicht, warum du bei so vielen Augenärzten warst, wodurch kein wirklicher Langzeitverlauf mit kontinuierlich verlässlicher Messung da ist.

    Wie hoch ist dein Zieldruck?

    Gruß

    Jenat

    Ohne Musik wäre alles nichts. (frei nach Mozart)

  • Hallo, Jenat,

    mein Zieldruck liegt bei 12.

    Das wurde vorher mit den Augentropfen (mit den geschilderten Abweichungen) jeweils bei den Messungen in der Sprechstunde erreicht.

    Nach langem "Drängeln" bekam ich 2015 eine Überweisung zum Tagesprofil nach Radebeul. Die dortigen Ärzte sind überwiegend in Dresden ausgebildet worden und haben sich auch auf Glaukom spezialisiert.

    Dort hatte ich bei einer der beiden Liegendmessungen einen Druck von 20 auf beiden Seiten. Im Arztbrief liest sich das so: Es gab eine fragliche Nachtdruckspritze von beidseitig 20 mmHg. Und deswegen bin ich hingefahren!?=(

    Jetzt lag der AID ohne Augentropfen bei den Messungen jeweils zwischen 11 und 13.

    Also, ich hoffe, dass es keine Ausrutscher (s. Blutdruck) nachts gibt. Deshalb kämpfe ich ja schon so lange um eine ordentliche Verlaufskontrolle!

    Soweit zu meinem Zieldruck!

  • Jenat, Du fragtest, warum ich keine ordentliche Verlaufskontrolle habe:

    Ich hatte in meinem Leben nur 2 Augenärztinnen: Diejenige, die das Glaukom festgestellt hat, und meine jetzige!

    Die 1. OCT wurde in der Praxis gemacht, in der meine 1.Augenärztin dann angestellt war.

    Dann sollten meine Augen nicht mehr weitgetropft werden, was an dem Gerät notwendig war.

    Ich hatte mich überall erkundigt und mich dann zum HRT überweisen lassen. Für die junge Ärztin war ich wahrscheinlich die letzte Patientin, denn sie verstarb in der Woche darauf. Die Praxis wurde geschlossen und ich habe nicht herausbekommen, wer das Gerät übernommen hat.

    Damit hatte sich das auch erledigt.

    Zwischenzeitlich hatte ich erfahren, dass in der Praxis, wo die 1. OCT gemacht wurde, ein neues Gerät angeschafft worden war, wo nicht mehr weitgetropft werden musste. Das habe ich dann auch gleich wahrgenommen.

    Diese Praxis ist dann aber mit viel Brimborium nach Berlin umgezogen. Dort bin ich im Jahr darauf für die nächste OCT hingefahren. Da ging dann auch alles schief, was schief gehen konnte. Außer einer saftigen Rechnung (Ihr hattet mir da sehr geholfen) habe ich nur unvollständige Unterlagen erhalten.

    Seit 2016 gibt es in meiner näheren Umgebung (25 km) wieder eine Praxis mit der nötigen Technik, wo ich nun schon zweimal war.

    Ich hoffe sehr, dass ich nun zu einer vernünftigen Verlaufskontrolle komme!=)

    Es grüßt Sibylle

  • Hallo Sybille,

    Labyrinth, aber du hast den Überblick behalten. Respekt!

    Der Druckspitze nachts würde ich versuchen nachzugehen - also erneute Nachtmessung.

    Gruß

    Jenat

    Ohne Musik wäre alles nichts. (frei nach Mozart)

  • Hallo Sybille,

    =)für Grund zur Freude über die Tropffreiheit hinaus nach Katarakt-OP:

    https://www.ndr.de/ratgeber/gesun…uerstar106.html

    Ich schließe mich Jenat an: Klärung, ob die Nachtwerte weiterhin solche Spitzen (20) ergeben:?:

    Ich verstehe nun, dass es mehr oder weniger ein Glücksfall ist, wenn auf lange Sicht nicht zu beeinflussende Rahmenbedingungen eine gute Verlaufskontrolle ermöglichen.

    Und danke für deinen Hinweis aus deiner langjährigen Erfahrung, Einzelmessungen (Gesichtsfeld und Selbstzahler-Bildgebungen) nicht so ein Gewicht:denk: zu geben. Das beruhigt nächtens.:schlafen:

    LG

    Tee

    watch?v=0DcTUdMy0-Y

  • Hallo Sibylle!

    Eine super Idee absolut klasse umgesetzt, viel Dank für deine Mühe! :blume:

    Ich kann mich an den Hickhack wegen Rechnung, Unterlagen und AÄ-Problem erinnern. :denk:

    Gut, dass du jetzt auf verlässliche Verlaufskontrolle hoffen kannst.

    Letzte nächtliche Liegendmessung 2015, Katarakt-OP 2016, Betablocker 2017.

    Da denke ich wie Jenat und Tee an Überprüfung Nachtwerte.

    Lieben Gruß

    Minerva

    "Die Dinge, die mich anders machen,
    sind die Dinge, die mich ausmachen."
    A. A. Milne