Hallo,
ich schreib Euch mal meine Geschichte und wie es mir gerade geht:
Ich bin eine bunte und flippige Junggebliebene 56Jährige und weiß von meiner Krankheit (Glaukom) seit ca. 15 Jahren. Damals war der Sehnerv schon ziemlich geschädigt und ich habe 8 x am Tag tropfen müssen. Im Jahr 2009 hatte ich eine OP und direkt danach immer wieder unkontrollierbare Schwindelattacken, die bis heute andauern. Ich wurde berentet, da ich so nicht arbeiten kann.
Obwohl ich schon starke Gesichtsfeldausfälle hatte, die immer mehr wurden, habe ich vor ca. einem Jahr einen kleinen Laden eröffnet, wo ich meine bunten, selbst genähten Taschen und andere Sachen verkauft habe - es lief super und meiner Seele hat es gut getan, wenn die Leute meine "Werke" gelobt und gekauft haben.
Mein Mann und ich hatten eine kleine Ferienwohnung in Nerja, einer kleinen netten Stadt in Andalusien am Meer, wo wir oft waren und ich auch eine Nähmaschine hatte. Alles war prima, bis auf die ständige Angst vor dem Erblinden, denn es wurde stetig immer etwas schlechter und ich immer etwas unsicherer beim Laufen, da ich im unteren Bereich nichts mehr sehe. Aber ich hatte ja meinen Mann an meiner Seite, bei dem ich mich gut aufgehoben und sicher fühlen konnte......
Im November - also vor ca. 6 Monaten - hatte mein Mann einen Schlaganfall. Das war alles eine riesige Aufregung und dann kam noch dazu, daß während der Reha heraus kam, daß er mich seit über 10 Monaten mit einer anderen Frau hintergeht. Es kamen noch andere Sachen ans Tageslicht und mittlerweile - es geht ihm wieder gut - hat er eine Freundin (wieder eine andere) und fährt gerade mit ihr in Urlaub.
Ich habe mich von ihm getrennt, habe meinen Laden aufgelöst und bin nach Spanien gezogen. Es war eine furchtbare Zeit. Ich habe 8 kg abgenommen und am Ende mit 1,72 m Körpergröße noch 48 kg gewogen.
Diese ganze Sache hat meine Krankheit unheimlich voran getrieben. Nun sitze ich ohne Geld im sonnigen Süden und werde blind. Ich spüre es ganz genau, daß es ganz bald so sein wird.
Ich habe überall blaue Flecke, weil ich ständig irgendwo drüber falle. Zentral kann ich noch sehen, d.h. ich kann mit großer Anstrengung auch noch nähen, aber wie lange??? Ich habe Angst, nein: ich habe PANIK. Ich habe einen Arztbericht einer Uniklinik von vor ca. 5 Jahren, da steht drin, daß eine vollständige Erblindung in den nächsten 10 Jahren wahrscheinlich ist. OPs brauche ich keine mehr zu machen, denn ich habe noch ca. 2 Prozent intakte Sehnvervfasern, also fast nichts mehr.
Ganz oft habe ich den Gedanken, am liebsten nicht mehr weiter leben zu wollen. Ich war immer ein kreativer Mensch, habe gemalt, gebastelt und genäht. Aber wie soll das alles werden, wenn man alleine ist und nichts mehr sieht?
Ich merke jetzt ganz deutlich, daß die Psyche eine riesige Rolle bei der Entwicklung der Krankheit spielt. Ich wußte das zwar schon immer und deswegen dachte ich, es sei eine gute Idee, meinen Traum zu verwirklichen und nach Spanien zu gehen, an den Platz, wo ich schon über 30 Jahre immer wieder hin fahre, wo ich vielleicht meinen Kummer schneller vergessen könnte. Aber es ist natürlich etwas anderes, wenn man das mit Partner plant. Jetzt bin ich alleine hier, habe zwar ein paar Bekannte und Freunde, aber ich bin nicht glücklich. Zu meinem Liebeskummer, meiner Enttäuschung über diesen Betrug etc. kommt jetzt einfach nur die Horrorvorstellung, bald nichts mehr zu sehen. Und keiner kann einem ja sagen, wie lange es braucht, bis die Lichter völlig erlöschen.
Selbst wenn es Tage gibt, wo ich mal nicht so oft an meinen Mann und unsere gemeinsame Zeit und das, was er mir angetan hat, denken muß, so habe ich andere Sorgen, z.B., daß er keinen Unterhalt zahlt und mich hier am ausgestreckten Arm verhungern läßt. Ich habe ja nur meine kleine Rente und muß Miete zahlen und meinen Lebensunterhalt finanzieren. Er müßte mir wohl ca. 1200 Euro Unterhalt zahlen, aber da tut sich nichts - die Anwälte schreiben sich hin und her. Und dieses Warten und das Gefühl, so machtlos zu sein, machen ja auch wieder Stress. Und Stress ist auf keinen Fall gut bei so einer Krankheit.
Ich war immer optimistisch und lebensfroh, aber jetzt komme ich seit Monaten aus diesem Tief einfach nicht mehr raus. Diese Scheiss-Angst beherrscht mein Leben von morgens bis abends, denn dadurch, daß ich so schlecht sehe, kann ich es auch kaum mehr verdrängen, denn man hat es ja immer "vor Augen", was da los ist. Hat jemand einen Rat?
Danke und Liebe Grüße aus dem wirklich sehr schönen und sonnigen Andalusien
PAT
Jetzt sitz ich hier am Mittelmeer und hab keine Mittel mehr !!!