Sport bei Glaukom

  • Glaukom und Sport ist immer wieder ein Thema. Das Buch "Glaukom - mehr als ein Augenleiden" von Prof. Dr. Ilse Strempel beinhaltet ein Kapitel darüber. Da das Buch nicht mehr im Handel ist, mache ich mir jetzt einfach einmal die Mühe und schreibe es ab:

    "Glaukom und Sport"

    Die Frage, welcher und wie viel Sport für einen Glaukompatienten gut ist, ist nicht ganz einfach zu beantworten. Dabei muss zunächst unterschieden werden, welche Glaukomart vorliegt, besonders ob es sich um einen Patienten mit einem primären Offenwinkelglaukom (POWG) oder einem Normaldruckglaukom (NDG) handelt.
    Extrem wichtig ist immer die Mitbewertung des Blutdruckprofils. Egal ober der Druck hoch oder niedrig ist, der Blutdruck des Patienten im 24-Stunden Verlauf sollte bekannt sein. Ferner muss geklärt werden, ob eine Herzerkrankung vorliegt.
    Wer seiner Konstitution angemessen maßvoll Sport treibt, versorgt seinen Körper gut mit Sauerstoff und senkt den Augeninnendruck. Hochleistungssport führt zur Übersäuerung des Körpers, zur Anhäufung von freien Radikalen und reduziert die immunologische Abwehrfunktion des Körpers, ist also für Glaukompatienten nicht empfehlenswert.

    Sport bei primärem Offenwinkelglaukom (POWG)

    Sofern kein niediger Blutdruck vorliegt, ist Ausdauersport erlaubt, z. B. Joggen oder Nordic Walking. Bei Bluthochdruck und zu schnellem Ruhepuls ist das sogar besonders zu empfehlern. Vorsicht bei Augentropfen mit Betablockern: Bei Ausdauersport mit laktazid-anaeroben Bedingungen (Sauerstoffmangelsituation und Übersäuerung der Muskeln) kann es zu Problemen kommen wie vorzeitige Muskelermüdung und Kreislaufinstabilität.

    Sport bei Normaldruckglaukom (NDG)

    Viele Patienten mit Normaldruckglaukom neigen dazu, eine sogenannte sympathische und parasympathische, das heißt eine vegetative Dysbalance und in diesem Zusammenhange einen niedrigen Blutdruck zu haben. Achtung: Für diese Patienten ist Ausdauersport ungeeignet! In der nachfolgenden Erholungsphase kann es zu einer stärkeren Vagusreaktion mit Blutdruckabfall, Pulsverlangsamung und massiver Durchblutunsstörung im Auge kommen. Vorsicht auch im Fitness-Studio z. B. beim Bankdrücken und ähnlichem. Achtung: Bei Yoga dürfen keine Kopfstand-Übungen gemacht werden, denn eine Kopftieflage erhöht den Augeninnendruck!
    Was aber eignet sich für Patienten mit Normaldruckglaukom? Sie sollten bevorzugt isometrische Übungen machen, also z. b. die Muskeln maximal anspannen, ohne eine Bewegung auszuführen. Mäßiges Krafttraining ist empfehlenswert, es wirkt sich nicht auf die Blutdruckregulation aus.

    (S. 177-178 ).

    Ohne Musik wäre alles nichts. (frei nach Mozart)

  • Prof. Dr. Ilse Strempel, Glaukom mehr als ein Augenleiden, S. 178.

    "Fallbeispiel
    Ein schlanker, sportlicher, gesunder etwa 60-jähriger Patient stellt sich vor für eine zweite Meinung bezüglich seines Glaukoms. Der Check-up ergibt ein relativ gut eingestelltes Normaldruckglaukom mit diskret beginnenden Gesichtsfeldausfällen. Internistisch fallen außer niedrigen diastolischen Blutdruckwerten und einer primären vaskulären Dysregulation (PVD) keine Besonderheiten auf.
    Eines Tages bringt er seinen 30-jährigen Sohn mit, der ebenfalls schon ein Normaldruckglaukom hat, aber noch ohne Ausfälle, und ebenfalls anamnestisch eine vasospastische Komponente aufweist. Nach dem letzten Sommerurlaub mit gemeinsamem Segeln auf der Ostsee werden beide wieder einmal kontrolliert: Beide zeigen eine deutliche Verschlechterung der Gesichtsfelder!
    Was war möglicherweise die Ursache? Das Sommersegeln verlockte zu häufigem Schwimmen in der doch recht kalten Ostsee. Bei PVD kommt es bei Kälteexposition reaktiv zur Gefäßzusammenziehung der Augenarterien und zur Minderdurchblutung der Augen mit entsprechenden Konsequenzen für die Sehnerven, das heißt Sehnervenschwund und Gesichtsfeldausfälle.

    II Möglichst nicht tauchen!
    Patienten mit Glaukom sollten möglichst nicht tauchen, da es im Wasser zu einer Druckerhöhung kommt (Wasserdruck lastet auf dem Körper): Der Körper wird nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt und der Gehalt an gelöstem Stickstoff im Blut steigt. Achtung: Für Patienten mit primärer vaskulärer Dysregulation ist Tauchen in kaltem Wasser absolut verboten! Studien liegen nicht vor. Empfehlung: Schnorcheln statt tauchen, warme Gewässer bevorzugen."

    Ohne Musik wäre alles nichts. (frei nach Mozart)

  • Prof. Dr. Ilse Strempel, Glaukom mehr als ein Augenleiden, S. 179

    "II Schwimmen grundsätzlich erlaubt
    Schwimmen ist grundsätzlich erlaubt - für NDG-Patienten allerdings nicht als Ausdauersport, insbesondere bei niedrigem Blutdruck. Menschen mit primärer vaskulärer Dysregulation dürfen nicht in kaltem Wasser schwimmen, da sich durch Ausschüttung des blutverengenden Hormons Endothelin 1 die Durchblutung verschlechtert. Auch die Durchblutung der Augen ist dann bei Glaukompatienten besonders stark verändert mit der Gefahr zunehmender Gesichtsfelddefekte bei Glaukompatienten (s. Fallbeispiel auf S. 178 ). Kleine Schwimmbrillen sind für Glaukompatienten ungeeignet, da sie einen enormen Druck auf die Augen ausüben können.

    Das Wichtigste in Kürze
    Jeder Glaukompatient muss individuell beraten werden, wobei Glaukomart, Ausmaß der bereits vorhandenen Glaukomschäden (Gesichtsfeld), allgemein-internistischer Befund, Lebensalter etc. genauestens beachtet werden müssen, damit ein glaukomverträgliches Sportkonzept erarbeitet werden kann.

    Hinweis für Patienten
    Lassen Sie sich von Ihrem Augenarzt sagen, an welcher Glaukomart Sie leiden und welche Schäden evtl. bereits vorliegen. Fragen Sie Ihren Hausarzt nach Ihrer internistischen Situation (besonders den 24-Stunden Blutdruckwerten) und befragen Sie dann beide, welche Sportart in welchem Maß für Sie sinnvoll ist.
    POWG: Bei gutem Blutdruck oder eher Bluthochdruck sind Ausdauersportarten erlaubt.
    NDG: Kein Ausdauersport bei niedrigem Blutdruck! Bei NDG und primärer vaskulärer Dysregulation unbedingt kaltes Wasser meiden!

    Hinweis für Ärzte
    Augenärzte und Allgemeinärzte sollten in Kooperation für den Glaukompatienten sportliche Empfehlungen geben können. Dazu müssen die Augenärzte mit den Kollegen anderer Fachrichtungen die Informationen über Glaukomart und -situation sowie über den 24-Stunden-Blutdruck und weitere Co-Morbitäten austauschen, um ein interdisziplinäres therapeutisches Konzept für den jeweiligen Glaukompatienten zu erarbeiten."

    Ich mache darauf aufmerksam, dass nun auf S. 180 noch 12 Literaturangaben folgen, die das vorliegende Kapitel wissenschaftlich untermauern. Das lasse ich hier aus. Die Angaben für Patienten finde ich enorm hilfreich, da die Ärzte in der Regel nicht die Zeit für eine solche Beratung haben. Wenn der Patient jedoch folgende Fragen beantworten kann: Glaukomart?, Blutdrucksituation?, Primäre vaskuläre Dysregulation/Vasospasmus?, dann kann er selbst hier die richtige sportliche Betätigung für sich herausfinden.

    @ Sabine: ich habe fertig. Wenn Du nun Zeit findest, das zu einem Kapitel zusammenzufügen, und anzupinnen, wäre das toll. Dabei bitte die Kommentare von mir (bis auf diesen Abschnitt löschen), nur die Quelle stehen lassen. Insgesamt ist es S. 177-179 . Die Originalthreads können ja ruhig erhalten bleiben mit den entsprechenden Kommentaren und mti der Zeit in die Tiefe rutschen.


    Anmerkung Sabine, 05.05.2013, 19.34Uhr: Danke, Jenat! LG Sabine

    Ohne Musik wäre alles nichts. (frei nach Mozart)