Frage an Mitglieder mit stärkerer Sehbehinderung: Wie meistert ihr eueren Alltag?

  • Hallo ihr Lieben,

    bis letzten Herbst habe ich über dieses Thema nicht besonders nachgedacht. Bis dahin war nur ein Auge betroffen und ich konnte mir immer sagen, mir bleibt ja noch das gute Auge. Nun sind aber seitdem beide Augen betroffen und nach meinem Eindruck, macht das linke, "neue" Auge eine schnelle Karriere als Glaukomauge.

    Hinzu kommt die a-typische Reaktionen meiner Augen auf die SLT, sprich sie wurden schlechter statt besser und bescherten mir in wenigen Wochen 3 Notfallsituationen mit sehr hohen Druckwerten, Klinikaufenthalt und Ankündigung einer Sickerkissen-OP. Das bedeutet, ich sollte mir zumindest vorstellen können, dass meine Augen in einen Bereich kommen, in dem meine Sehkraft deutich eingeschränkt sein wird.

    Nun habe ich zumindest noch mit Brille eine recht gute Sehkraft, links 90 % und rechts 60 %. Außer dieser Brille benötige ich keine Hilfen. Wie geht es nun denjenigen unter euch, die schon starke Einschränkungen haben? Immerhin schreibt ihr hier im www. Wie macht ihr das? Für mich ist es nur ganz schwer vorstellbar, dieses Tor zur Welt nicht mehr zu haben. :haarezuberge:

    Mit welchen Einschränkungen lebt ihr? Welche Mittel helfen euch oder wie richtet ihr euch damit ein? Ist hier auch jemand, der auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen ist?

    Vielleicht ist dieses Thema schwer für die Betroffenen. Darum würde ich mich ganz besonders über Antworten von euch freuen. :lachen:

    Liebe Grüße
    memory

    Es ist sehr beglückend, sich mit kompetenten Menschen auszutauschen.

    Ein lieber Gruß

    memory

  • Hallo memory,

    das "Feld" der Möglichkeiten, sich in irgendeiner Form mit seiner Sehbehinderung zu arrangieren, ist so vielfältig wie es individuelle Sachlagen gibt, also Relevantes dazu hört nicht am Abend eines Tages auf, sondern am nächsten Morgen machst du imo weiter und entdeckst evtl. eine veränderte Lage, positiv wie negativ.

    Tips und Tricks kann man eigentlich nur an konkreten Punkten ventilieren. So möchte ich zum Arbeiten mit dem pc aus meiner "Sicht" sagen, daß es machbar ist, auch wenn nur noch sehr geringer Visus da ist. Ich habe z.B. dafür nur noch das RA mit V.-schwankung zwischen 25-um 30 % - komme aber durch die Einstelloptionen in Größen, Farben, Kontrasten etc. eigentlich gut zurecht. Es gibt immer noch irgendwelche Feinheiten, die man verbessern könnte, die software-Angebote sind kaum alle zu überblicken. Und in jedem gängigen browser gibt es wohl den button "Sonderoptionen für Behinderte".

    Deshalb m.E. mal den pc als evt. vordringliches Sorgenkind hintanstellen. ;)

    LG - Senator

  • Danke erst mal Senator! Mir ist schon klar, dass der PC nicht das Wichtigste ist im Leben :zwinkern: . Wegen anderer Baustellen im Leben habe ich ralle persönlichen Kontakte verloren. Darum ist mir eben die Verbindung mit anderen, ähnlich Betroffenen, wie hier im Forum, aber auch in einem anderen Forum schon eine Herzenangelegenheit.

    Ich bin auch dankbar für Hinweise, was es so für Möglichkeiten gibt. Was würdest du/würdet ihr heute sagen, um was sollte man sich kiümmern, solange die Augen noch gut sind?

    Ich möchte nur mal was erzählen, klingt heute fast wie ein Witz. Da ich gern lerne, habe ich mir schon immer mal wieder im Leben Themen ausgesucht, mit denen ich mich vertieft befassen will. Das kann schon sehr intensiv werden. Die letzen beiden Jahre dachte ich, ich sollte mich mal mehr dem Können als dem Wissen widmen und habe im letzen Jahr das Thema stricken gewählt und für mich entdeckt in diesem Jahr nähen, was ich sehr anstrengend finde.

    Bereits im vergangenen Jahr, bevor bei mir alles eskalierte, dachte ich, nun ist mal wieder etwas anderes dran und sagte mir, jetzt will ich mal wissen, ob Blindenschrift für Sehende lernbar ist. Hatte damals zufällig eine Methode mit einem Eierpack entdeckt :lachen: Klang interessant. Also, ich will das am Ende nicht richtig können, sonder nur wissen, bekomme ich einen Zugang dazu und schaffe ich ein paar Wörter. Das Ganze hat nicht einmal unbedingt mit dem Zustand meiner Augen zu tun.

    Nun sage ich mir, warum sollte ich das jetzt nicht tun?

    LG
    memory

    Es ist sehr beglückend, sich mit kompetenten Menschen auszutauschen.

    Ein lieber Gruß

    memory

  • Hallo Memory,

    ich bin 31 Jahre und habe ein Pigmentglaukom im fortgeschrittenem Stadium welches leider zu spät behandelt wurde. Im März und Mai diesen Jahres wurde ich notoperiert, der Druck seither zum Glück stabil.
    Leider haben meine Sehnerven stark gelitten beidseits CDR von 0.9 und starke Gesichtsfeldausfälle. mein oberes Gesichtsfeld fehlt mir komplett und auch sonst stark eingeschränkt. Hab allerdings noch einen Visus von 100 mit Brille.
    Ich lebe damit aber trotzdem ziemlich ´normal´, habe zwar eine Sehbehinderung von 50% aber versuche mein Leben nicht davon bestimmen zu lassen.
    Autofahren ist leider nicht mehr so, ansonsten mache ich alles ganz normal. Ich würde sagen, man arrangiert sich im Laufe der Zeit und lernt damit umzugehn.
    Gut das ein oder andere mal renne ich noch immer wo dagegen oder muss aufpassen dass ich mir nicht mit der Küchenkastentüre den Kopf anhaue aber man lernt die Ausfälle auch zu kompensieren. Beim Spazierengehen sagt mir mein Freund immer wenn eine Treppe kommt oder etwas im Weg liegt, da ich das oftmals nicht rechtzeitig sehe wenn ich geradeaus blicke...

    Meine Hoffnung ist, dass sich die Medizin ja immer weiterentwickelt und ich und viele andere Betrroffene trotz Glaukom noch lange sehen können..Ich wünsche dir Alles Gute!!

    Lg misslis

    Pigmentdisperspionsglaukom mit Gesichtsfeldausfällen. Trabekulektomie Re und Li (03+05/16)

  • Hallo misslis,

    bei mir ist es ja ähnlich wie bei dir, die obere Hälfte fehlt aufgrund der Gesichtsfeldausfälle komplett. Genau genommen sehe ich noch jeweils das äußere unter Viertel, was mit beiden Augen zusammen ergibt, dass ich die untere Hälfte noch sehe. Auch ich habe einen CDR von 0,8 bzw. 0,9 und einen Visus von 90-100 Prozent. Durch die Ausfälle stoße ich mir z.B. den Kopf am offenen Küchenschrank an, wenn ich auf den Boden schaue. Bei mir unbekannten Treppen gehe ich meist relativ langsam, vor allem nach unten sind sie für mich nicht mehr so übersichtlich. Beim Autofahren schränke ich mich extrem ein. Bergtouren an schmalen Graten mache ich nicht mehr, da könnte ich zu leicht einen Abhang übersehen. Ansonsten lebe ich normal.

    Was mich verwundert ist, dass du schreibst, du hättest eine Sehbehinderung von 50 Prozent. Hast du einen Behindertenausweis? Ich hätte höchsten 30 Prozent geschätzt, würde mir aber keinen Behindertenausweis wegen schlechtem Gesichtsfeld ausstellen lassen, solange ich noch Auto fahre.

    LG
    DieDa

    Glaukom mit Gesichtsfeldausfällen, Trabekulotomie an beiden Augen (04/11 + 08/11), vor Katarakt-OP (11/21) stark kurzsichtig.

  • Hallo DieDa,

    Ich hätte höchsten 30 Prozent geschätzt,

    ich auch (ohne das irgendwie abwertend zu meinen oder die Behinderung dadurch runter spielen zu wollen!). Aber misslis kommt aus Österreich und da läuft es mit der GdB-Bestimmung anders als hier in D.

    In Deutschland wird vor allem nach Rest-Sehschärfe bestimmt. Gesichtsfeldausfälle werden aber auch berücksichtigt, wenn sie unterhalb der Horizontalen liegen. Um hier einen GdB von 50 zu bekommen müssen die unteren Gesichtsfeldausfälle beidseits insgesamt 2/3 betragen.

    Sorry für's off topic und dazwischen quatschen.

  • Kein Problem verstehe was ihr meint. Ja ich lebe in Österreich. Habe tatsächlich für Glaukom 50% bekommen und für meine andere Baustelle schweres Morbus Crohn "nur" 30%....Genau heisst es im ärztlichen Gutachten "re:tiefes Bogenskotom oben und incipientes Bogenskotom unten. Li: tiefes Bogenskotom unten und oben (zentraler Gesichtsfeld Rest und temporärer Rest)"
    Wie auch immer viel nützt es mir nicht, hab den BehindertenAusweis hauptsächlich wegen Arbeit beantragt.
    Autofahren tu ich ehrlich gesagt ab und zu trotzdem noch; hier in meiner Umgebung und bei Tag. Ich habe extra einen speziellen Reaktionstest(dynamische Goldmannperimitrie) gemacht, den ich bestanden habe. Laut Gesichtsfeld dürfte ich nicht mehr fahren. Laut AugenArzt ist es grenzwertig bei mit und so handhabe ich es auch...


    Lg

    Pigmentdisperspionsglaukom mit Gesichtsfeldausfällen. Trabekulektomie Re und Li (03+05/16)

    4 Mal editiert, zuletzt von misslis (23. Juli 2016 um 08:58)

  • Hallo misslis,

    dass du in Österreich wohnst, hatte ich vergessen.

    Mit dem Autofahren mache ich es wie du. Ich wohne auf dem Land, in einem kleinen Dorf ohne Laden, da ist man ohne Auto aufgeschmissen. Ich fahre aber auch nur in der Nähe, mir bekannte und übersichtliche Strecken und nur bei Tag (am liebsten wenn die Sonne einigermaßen hoch steht, damit nichts blendet). So kann ich es verantworten, und auch meine Augenärzte wissen es. Bei Nacht oder in den frühen Morgenstunden fährt mich mein Mann, für weitere Strecken nutze ich die öffentlichen Verkehrsmittel.

    Vielleicht werde ich mich in einigen Jahren um einen Behindertenausweis bemühen, um evtl. früher in Rente gehen zu können ...

    LG
    DieDa

    Glaukom mit Gesichtsfeldausfällen, Trabekulotomie an beiden Augen (04/11 + 08/11), vor Katarakt-OP (11/21) stark kurzsichtig.

  • Hallo Misslis,

    ich bin hier im Forum weil meine Frau Glaukom hat. Ich selbst bin leider wegen eine anderen Augenkrankheit fast blind und fast taub. Im Schwebi. habe ich ein GL (Gerhörlos) und ein BL (Blind). Aber ich sehe nocht etwas und höre noch etwas. Jetzt zu deine Frage:

    Mach dir bitte keine sorgen !! Für alles gibt es Software, Möglichkeiten usw. Der PC kann auch von blinden durch z. B. Sprachausgabe oder Braillezeile (Blindenschrift) bedient werden. Ich arbeite am PC mit verschieden Farben wie bei Windows z. B. mit "Kontrast 1" oder "Kontrast 2". Da kann man alles einstellen. Auch diese Sachen kosten sehr wenig Geld oder sind gar kostenlos. Es gibt natürlcih auch sehr teure Sachen (ist aber in den meisten Fällen nicht nötig).

    Das Smartphone ist DER Helfer für blinde und sehbehinderte (spezial das iPhone). Er ließt die alles vor. Von SMS, E-Mail, WhatsApp und Bücher, also alles. Auch Du als sehbehinderter oder blinder Mensch kannst es alleine bedienen.

    Ein kleines Beispiel aus meinen Leben: Im Moment lege ich eine recht große Fläche mit Pflastersteinen aus. Bei uns ist das, Mutterboden raus, Füllsand rein. Alles mit der Hand und schaufel. Hatte ich einen Spatenstich gemacht, konnte ich nicht mehr sehen wo das war. Also habe ich mir eine weiße Latte dort hingelegt und habe an der Latte entlang gestochen (guter Kontrast). War ich am Ende, dann auf die Knie, fühlen, und die Latte ca. eine Spatenbreite weiter gerückt. Ging prima. Um den Fülland gerade zu ziehen, habe ich sehr viele Scnurr, Band gezogen und mich danach gerichtet usw. Da ich noch keine sprechende Wasserwagge habe, habe ich die normale Wasserwagge ausgerichtet, auf die Knie, großen Handtuch übern Kopf (wegen der Blendung der Sonne), elektronische Lupe raus und auf der Wasserwagge nachgeschaut. Ich weiß, sehr umständlich, aber es geht. Die Pflasterung ist so was von gerade geworden.

    Ich bin jetzt 55 und vor 30 Jahren bin ich auch noch Motorrad und Auto gefahren. Jetzt kann ich nicht mal mehr Fahrrad fahren. Aber ich gebe nicht auf. Da ich wusste das meine Augen mit den Alter immer schlechter werden würden, habe ich mich auch mit den Gedanken befaßt wie Du. Was ist wenn; Was kann ich jetzt schon tun für später wenn ich nicht mehr sehen kann. Ich währe fast verückt geworden um alles so gut wie möglich auf die vermeindliche Blindheit vor zu bereiten. Das bringt alles nichts. Vor lauter vorbereitungen und Angst hatte ich vergessen zu leben.

    Heute sehe ich die Sache ganz gelassen entgegen. Es kommt so wie es kommen muss. Wenn es soweit ist das Du irgendwas nicht mehr kannst, dann gibt es eine Lösung. Es gibt auch sehr, sehr viele Hilfsmittel. Sprechende Küchenwaage, sprechende Werkzeuge, Hörbüchereien usw.

    Ich hoffe natürlich das Du so lange wie möglich, hoffentlich für den Rest deines Lebens einigermaßen gut sehen kannst !!!!

    Wenn Du spezielle Fragen hast, stehe ich dir gerne zur Verfügung !!

    Gruß..... Dietmar

  • Hallo Dietmar,

    ich finde es mutig und klasse, wie Du und Deine Frau Euren Alltag meistert! Wie ich im anderen Thread las, hat es Ulla aktuell ziemlich mies erwischt.... Ach menno, wünsche ihr und auch Dir alles Gute!

    Mein Respekt gilt auch den anderen Usern hier, die trotz ihrer starken Sehbehinderungen das Beste draus machen und ihren Alltag meistern!

    memory, klar macht man sich Gedanken und möchte gern vorausschauend handeln. Nach meinen Erfahrungen mit ausschließlich stark sehbehinderten Menschen während einer Umschulung weiß ich für mich, dass ich mir das nicht antun werde. Sondern ich werde mich situationsbezogen anpassen und danach handeln / lernen....

    Erst wenn in Deutschland und der EU alle Chemikalien verboten sind; auch Kochsalz und Essig Abgabebestimmungen unterliegen und der letzte Hobbychemiker das Handtuch geworfen hat; wird die Politik sehen, dass es immer noch Terrorismus und Drogen gibt.

  • Hallo,

    erst einmal vielen Dank für eure ehrlichen Antworten! Ich hatte eher erwartet, jetzt kämen so Sachen wie ... wenn ich gewusst hätte, dass ich einmal so schlecht sehen kann, hätte ich vorher unbedingt xy noch gemacht oder getan oder mich auf die Art xy darauf vorbereitet. Nun bin ich überrascht (und das beruhigt mich auch), wie ihr euch angepasst habt und euch, nun wie drücke ich es aus :?: in die neue, schwieriger werdende Sitation eingearbeitet habt. Trotz aller Probleme kommt mir niemand von euch hilflos vor :lachen: Sondern ich empfinde euch alle als kreativ in der eigenen Entwicklung, Respekt. :lachen:

    Einige haben scheinbar den Eindruck, dass ich etwas hysterisch bin oder sehr ängstlich bzw. mich verrückt mache, wenn ich schaue, was ich lernen kann um später mit einer starken Sehbehinderung fertig werden zu können. Das ist nicht so. Ich kenne aber diese Reaktion - auch von einer anderen Baustelle. Leider habe ich immer wieder Schwierigkeiten, meine Sichtweise zu rüberzubringen, wie es sich für mich verhält.

    Trotzdem versuche ich es mal. Schon fast immer in meinem Leben - noch bevor diese gesundheitlichen Baustellen sich in meinem Leben breit machten - habe ich gerne gelernt. Es gibt mir einen gewissen Kick, wenn ich mich in ein Thema eingearbeitet habe und merke, wie sich mein Verständnis davon vergrößert. Früher habe ich das in Schule, Studium und Beruf mit manchen Themen erlebt, in die ich mich einarbeiten MUSSTE. In der Beziehung ist es ein Glücksfall, dass ich inzwischen verrentet bin und mir Themen aussuchen kann, die ich erarbeiten WILL :lachen:

    Was die gesundheitliche Seite angeht, bringt es mir eine große Ruhe und Sicherheit, wenn ich echte und wahre Informationen habe, Wege finde, damit umzugehen und merke, ich kann selbst etwas TUN. Ich hatte wegen schwerer Depressionen und Angst-/Panikzuständen auch schon ganz andere Zeiten, mit schlimmer Hilflosigkeit und und dem Gefühl des total ausgeliefert seins. Es hat lange gedauert, bis ich gelernt habe, wie ich mir in schwierigen Situationen selbst helfen kann. Das hat enorm befreiend auf mich gewirkt. Vielleicht darum auch heute noch der Zusammenhang mit Freude/Kick wenn ich merke, ich kann es selbst anpacken und mir selbst helfen. Da ist kein Stück Aufgeregtheit oder verrückt machen, im Gegenteil.

    Hoffe, ich konnte es etwas rüber bringen, wie ich ticke :zwinkern:

    Nochmal ganz herzlichen Dank!

    memory

    Es ist sehr beglückend, sich mit kompetenten Menschen auszutauschen.

    Ein lieber Gruß

    memory

  • Hallo Dietmar,

    Ich finde es toll wir du dein Leben so meisterst und dich mit der Sehbehinderung arrangierst. Sowas zu lesen macht mir Hoffnung wünsche dir und deiner Frau viel kraft und alles Liebe!

    memory du bist nicht hysterisch, wir alle haben diese Ängste. Ich zum Beispiel bin gerade schwanger mit meinem ersten Kind und meine erste Frage an die Ärzte war: werde ich erblinden?Hab natürlich trotz jedes Optimismus Angst. Zu mal ich noch vor einem Jahr noch eine ganz normale unbeschwerte junge Frau
    war. Von jetzt auf gleich hat sich meine Unbeschwertheit doch schlagartig geändert. Man muss versuchen sich von der Angst nicht beherrschen zu lassen, was mir auch nicht immer gelingt. Ich lese viel hier im Forum , es hilft mir mich mit anderen Betroffenen auszutauschen .

    Ich wünsche dir alles gute!

    Pigmentdisperspionsglaukom mit Gesichtsfeldausfällen. Trabekulektomie Re und Li (03+05/16)

  • Hallo memory!

    Ich glaube, man lernt mit fortschreitender Schädigung mit dem schlechter werdenden Sehvermögen umzugehen.
    Das kommt ja dann nicht von heute auf morgen, sondern tatsächlich schleichend.

    Ich stell mir das jetzt wesentlich schwieriger vor, wenn man z. B. ein Unfall hat und da das Sehen von jetzt auf gleich
    verändert ist, z. B. auch eine Erblindung/teilweise Erblinung eingetreten ist.


    Ich find's auch sehr beeindruckend, was hier geschrieben wurde.

    Wenn Du die Brailleschrift lernen willst, weil Du daran Interesse hast, dann versuch es doch.
    Aber bitte nicht mit der Angst im Nacken, dass Du morgen aufwachen und sie brauchen könntest.

    Ansonsten gibt's ja auch noch viele andere, interessante Themen.


    Viele Grüße

    Sabine

  • Zitat

    Aber bitte nicht mit der Angst im Nacken, dass Du morgen aufwachen und sie brauchen könntest.

    Nein Sabine, beim Lernen (wobei ich nicht frei von Ängsten bin) ist keine Angst dabei, sondern ganz viel Neugierde, wie bei allen Themen, mit denen ich mich mal beschäftigen möchte. Auch kein Ehrgeiz. Bin schon zufrieden, wenn ich merke, dass ich meinen Namen und die Anschrift richtig "deuten" kann. So nebenher ist das ja auch eine Methode, die andere Sinne - das Fühlen - und auch die Vorstellungskraft schult. Das ist auch eine spannende Sache und auch hilfreich, bei diversem "Seelenschmerz".

    Nur mal so nebenbei, bei mir war für gut 2 Jahre dieses Spüren stark eingeschränkt. Habe damals keine Sonne und keinen Wind mehr auf meiner Haut gespürt. Nie werde ich den Tag vergessen, als das plötzlich wieder da war. So ein tolles Gefühl. :lachen: :lachen: Für mich wäre es in sofern auch ein kleines Abenteuer, wenn ich Informationen sensorisch erhalten kann.

    LG
    memory

    Es ist sehr beglückend, sich mit kompetenten Menschen auszutauschen.

    Ein lieber Gruß

    memory

  • Hallo Memory,

    ich habe bis heute die Blindenschrift noch nicht gelernt, aber schon vor vielen Jahren habe ich es mir überlegt, so wie du. Weil ich dachte, wenn ich es kann, tu ich mir später leichter. Aber damals wurde mir von meinem Psychologen davon abgeraten. Die vergangenen zwei Jahre hat das Sehen sehr nachgelassen, d.h. ich sehe auf dem li. Auge nur noch Handbewegungen und auf dem re. Auge noch 10 % Visus, hinzu kommen starke Gesichtsfeldausfälle.

    Obwohl ich noch nie mehr als 50 % auf jedem Auge gesehen habe, komme ich mir jetzt zum erstenmal manchmal hilflos vor. Aber ich bin es nicht. Auf meine Anregung hin erhalte ich momentan ein Stock- und Mobilitätstraining. Das macht Sinn, aber es macht erst jetzt Sinn. In meinem Zuhause finde ich mich gut zurecht. Was mir schwerer fällt, ist viel Besuch. Das bedeutet viele Gläser, Flaschen, Geschirr und Unordnung. Aber dann lasse ich mir helfen und unterstützen und schon geht auch das. Ich bin dabei es zu lernen Hilfe anzunehmen und auch um Hilfe zu bitten, was mir anfangs sehr schwer viel. Ich koche nicht mehr so gerne, das ist wirklich nicht so einfach.

    Aber ich stelle immer wieder fest, lasse ich mir genügend Zeit, kriege ich auch das hin. Es geht eben alles langsamer, aber es geht. Ich habe damit angefangen meine Kleidung auszusortieren, denn das erleichtert das Suchen ungemein. Aber mir fällt nichts ein, was du jetzt schon tun oder lernen solltest, weil du es vielleicht später nicht mehr kannst. Geniesse jeden Tag und denke nicht darüber nach, was in ein paar Jahren sein wird, das weiß keiner und das ist auch gut so. Wenn du fragen hast, einfach schreiben!!

    Lg Reni

    Edit by Sabine, 26.07.2016, 07.35Uhr: Absätze eingefügt

  • Hallo Memory,

    als ich die Diagnose Glaukom bekam, hatte ich bereits erhebliche Gesichtsfeldausfälle hauptsächlich im unteren Bereich. Ich habe zwar gemerkt, daß ich schlechter sehen konnte, dachte aber es liegt an meiner Brille. Dem war dann ja leider nicht so.
    Ich habe dann den Fehler gemacht, meine Gesichtsfeldausfälle bewußt zu suchen und dadurch wurde das sehen tatsächlich schlechter, weil ich mich nur noch darauf konzentriert habe, was ich nicht sehen kann, als auf das was ich noch sehe :cursing: .
    Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich diese Einschränkung für mich akzeptieren konnte. Mittlerweile geht es und ich komme eigentlich im Alltag auch ganz gut klar. Ich muß halt bei Treppenstufen gut aufpassen.

    Manchmal habe ich auch Schwierigkeiten mit der Orientierung. Versuche mir dann immer gewisse Dinge(z.B. Geschäfte, Gullideckel, Bäume u.s.w.) zu merken, wenn ich ortsfremd bin.
    Gehe mittleiweile auch wieder unter Menschenmassen(Konzerte, Fußball, Kirmes), was ich nach meiner Diagnose vermieden habe, da ich Angst hatte Leute zu übersehen und anzurempeln.
    Allerdings habe ich letztens tatsächlich eine nicht ganz so prickelnde Situation erlebt. Ich war mit mehreren Bekannten in einem Bistro und wollte an der Theke eine Bestellung aufgeben. Von links kamen dann zwei Mädels, die ich nicht wahrgenommen habe und dann beim weggehen fast umgelaufen hätte. Das ganze war mir natürlich ziemlich peinlich und ich habe mich selbstverständlich sofort entschuldigt. Als Antwort bekam ich dann zu hören: " Sag mal, gehts noch, bist du blind oder was. Du mußt uns doch sehen."

    Das hat mich natürlich getroffen und es kamen dann erstmal wieder Selbstzweifel, ob es für mich und meine Umwelt nicht besser ist, zukünftig nicht mehr so unter Menschen zu gehen :S .
    Andererseits kann gerade im heutigen Handyzeitalter sowas auch anderen Mitmenschen passieren, die körperlich keinerlei Einschränkungen haben und einfach nur unkonzentriert sind.
    Habe für mich deshalb beschlossen, so lange es mir irgendwie möglich ist, auch weiterhin aktiv am Leben teilzunehmen :zwinkern: .

    Abendlicher Gruß aus Ostwestfalen :)

    Edit by Sabine, 26.07.2016, 07.25Uhr: Absätze eingefügt

  • Sorry Silli :knuddeln: ,
    ich habe vergessen Absätze einzufügen. Als ich auf absenden gedrückt habe und es mir nochmal angeschaut habe, ist es mir auch aufgefallen.

    Hoffe Sabine kann noch welche nachträglich einfügen :whistling:

  • Passiert, mach dir keinen Kopf. Aber das ist das beste Beispiel für sehbehindert unfreundliches Lesen hier auch von Reni.

    Viel Text hintereinander weg - gerade auch von Sehbehinderten erwarte ich da mehr ...

  • Entschuldigung Silli, wird nicht wieder vorkommen und war gedankenlos von mir. Bin noch etwas damit beschäftigt, mich hier wieder zurechtzufinden im Forum.

    lg Reni

  • Oh, wieso konntest Du nichts spüre

    Sabine, ich weiß es nicht genau. Vor acht Jahren hatte ich einen totalen Zusammenbruch. Es war, als ob mein gesamtes System aus dem Ruder gelaufen wäre. Es gab damals viele Baustellen.

    Anfangsdiagnose war Burn out. Da war sicher etwas dran, aber es muss noch mehr gewesen sein. Gut ein Jahr danach kam die Diagnose Hashimoto, eine Autoimmunerkrankung, die viele ähnlche Symptome wie Burn out hat und die sich zum Ziel gesetzt hat, die Schilddrüse auszuschalten. Zu der Zeit war vermutlich meine Schulddrüse um 1/4 oder 1/3 kleiner als normal, ohne dass ich Schilddrüsenhormone bekam. Dieses Organ lenkt alle inneren Drüsen und das Gefühlsleben. Bekam dadurch auch schwere Depressionen. Vielleicht hing auch diese Sache damit zusammen. ?(

    LG
    memory

    Es ist sehr beglückend, sich mit kompetenten Menschen auszutauschen.

    Ein lieber Gruß

    memory

  • Hallo,

    ich hatte ja schon versucht zu erklären, was meine Motivation ist, mich mit der Blindenschrift zu befassen. Eher das Gegenteil von der Konzentration auf die Schwächen, als die Verdeutlichung meiner Stärken :lachen:

    Große Menschenmengen meide ich heute schon nach Möglichkeit. Wegen einer anderen Baustelle strengen sie mich ungemein an.

    Am Wochende war ich auf einer Feier und habe gleich in den ersten 10 Minuten ein Glas zerbrochen, weil ich falsch danach gegriffen habe, bzw. statt greifen mehr dagegen gehauen hab. Passiert mir immer mal wieder, aber kaum in meiner gewohnten Umgebung.

    Obwohl mein Gesichtsfeld nur wenig eingeschränkt ist, gehört das Umrennen von Leuten oder Anecken an Türrahmen schon seit Jahren zu meinen Spezialitäten. Habe deshalb die Gewohnheit, mich sofort zu entschuldigen. Bei einer solchen Gelegenheit hat sich meine Familie mal nicht mehr eingekriegt. Meine Entschuldigung war nämlich ohne Hinschauen an einen dicken goldenen Buddha vor einem Chinarestaurant gerichtet gewesen.

    Ich kann mir vorstellen, wie unangenehm für dich die Situation an der Bar war. Vielleicht hättest du die Damen zum Nachdenken bringen könne mit einem "Ja, bin ich". Aber ich habe gut reden und schaffe es nie so cool zu sein.

    Ich wollte noch mal erwähnen, als ich die Diagnose Glaukom bekam, hat mich das damals nur wenig berührt. Erst mal habe ich nichts gespürt, hatte nur dauernd rote Augen (dachte es wäre eine Allergie), auch war nur ein Auge betroffen. Es war einfach so völlig unwirklich für mich.

    Aus anderen Gründen hatte ich mit Angstzuständen zu tun, aber mein Glaukom gehörte da nicht dazu. Wie sollte ausgerechnet ich ernsthafte Probleme bekommen? In meiner Familie gab es niemanden, der das hatte und auch so gut wie keine Brillenträger. Ich nahm die Tropfen und dachte, damit ist alles gut. Selbst als vor 4 Jahren die Werte sich deutlich verschlechterten habe ich noch nicht an dauernde Schäden gedacht. Habe die OP durchführen lassen und dachte wieder, nun ist gut. Wusste zwar, dass sie nicht dauernd hält, naja, Sorgen machte ich mir aber nicht. Ich hatte ja immer noch ein gutes Auge.

    Erst als im letzten Herbst auch mein linkes Auge betroffen war, änderte sich die Situation. Die Werte blieben schlecht und es erschreckte mich schon, wie schnell auch das linke Auge ein OP-Kandidat wurde. Seitdem habe ich schon Angst vor einer schnellen und dauerhaften Verschlechterung :haarezuberge: . Merke das besonders nachts, wenn ich wach werde und um mich Dunkelheit ist, ich mich nicht orientieren kann. Da kommt schnell ein Panikgefühl dazu. Dann fallen mir schnell meine Augen ein.

    Eure Offenheit hilft mir sehr. Es geht hier schon ziemlich ans "Eingemachte" . Gerade deshalb DANKE!

    LG
    memory

    Es ist sehr beglückend, sich mit kompetenten Menschen auszutauschen.

    Ein lieber Gruß

    memory

  • .... Als Antwort bekam ich dann zu hören: " Sag mal, gehts noch, bist du blind oder was. Du mußt uns doch sehen."
    Das hat mich natürlich getroffen und es kamen dann erstmal wieder Selbstzweifel, ob es für mich und meine Umwelt nicht besser ist, zukünftig nicht mehr so unter Menschen zu gehen :S .
    Andererseits kann gerade im heutigen Handyzeitalter sowas auch anderen Mitmenschen passieren, die körperlich keinerlei Einschränkungen haben und einfach nur unkonzentriert sind.
    Habe für mich deshalb beschlossen, so lange es mir irgendwie möglich ist, auch weiterhin aktiv am Leben teilzunehmen :zwinkern: .

    Abendlicher Gruß aus Ostwestfalen :)

    Hi Nicko!

    Keine schöne Situation!

    Aber vielleicht schaffst Du es mal, in so einer Situation wie mit den Mädels zu sagen:"Blind nicht, aber sehbehindert!"

    Die Wahrscheinlichkeit, dass die Betretenheit dann auf der anderen Seite liegt, ist groß. Und das zurecht!

    Das ist das Handycap, welches wir Glaukompatienten haben:
    Man sieht es uns, in der Regel, nicht an.


    Sabine, ich weiß es nicht genau. Vor acht Jahren hatte ich einen totalen Zusammenbruch. Es war, als ob mein gesamtes System aus dem Ruder gelaufen wäre. Es gab damals viele Baustellen.

    Anfangsdiagnose war Burn out. Da war sicher etwas dran, aber es muss noch mehr gewesen sein. Gut ein Jahr danach kam die Diagnose Hashimoto, eine Autoimmunerkrankung, die viele ähnlche Symptome wie Burn out hat und die sich zum Ziel gesetzt hat, die Schilddrüse auszuschalten. Zu der Zeit war vermutlich meine Schulddrüse um 1/4 oder 1/3 kleiner als normal, ohne dass ich Schilddrüsenhormone bekam. Dieses Organ lenkt alle inneren Drüsen und das Gefühlsleben. Bekam dadurch auch schwere Depressionen. Vielleicht hing auch diese Sache damit zusammen. ?(

    LG
    memory

    Hallo memory!

    Ich hab Hashimoto und weiß ganz genau, was das bedeutet!

    Ich lebte durch einen falsch geschriebenen Bericht 21 Jahre ohne Behandlung damit.

    Seit 1,5 Jahren werde ich nun mit Hormonen behandelt. Und gerade letzte Woche war die letzte Blutuntersuchung.
    Nun scheine ich tatsächlich nach 1,5 Jahren eine Dosis gefunden zu haben, mit der ich gerade zurecht komme.

    Hashimoto greift so massiv in den Körper ein. Ich fühlte mich sterbenskrank. Überall Schmerzen, dazu Entzündungen, die Psyche... alles!

    Ich hoffe, Du kümmerst Dich um die Nebenbaustellen wie Vitamin B12, Vitamin D und Eisen.
    Die da typisch auftretenden Mängel beeinflussen das Wohlbefinden sehr!!

    Liebe Grüße

    Sabine